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Rechtschreibdienst: Aussprüche Schreibreform

Aussprüche zur Schreibreform

Es kann es nicht oft genug klargestellt werden: Die Reformregeln sind nur an Schulen vorgeschrieben. Für Behörden ist die Verwendung der neuen Regeln eine Sollbestimmung. Weitergehende Eingriffe in die deutsche Sprache untersagte das Bundesverfassungsgericht am 14. Juli 1998, siehe unten: Rechtssprüche.

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Folgende Zitate sind zu finden in Rechtschreibung.com; hier zwecks Übersichtlichkeit von Sigrid Saxen mit Überschriften und Hervorhebungen versehen.
Verschleierte Lügen
der Duden in einer internen Anweisung:
„Neuregelung: Das amtliche Regelwerk ist in 112 Hauptregeln gegliedert. Umsetzung: Die Dudenrichtlinien werden auch künftig Hinweise enthalten, die über den rein orthographischen Bereich hinausgehen. Durch Neustrukturierung und vor allem durch Zusammenfassung einzelner Regeln und Regelbereiche wird die Zahl der Richtlinien von 212 auf 136 gesenkt. Begründung: Die inhaltlich falsche, aber politisch wirksame Formel ‚aus 212 mach 112‘ muß auch im Duden ihren angemessenen Ausdruck finden.“

die Gesellschaft für Deutsche Sprache in „So schreibe ich richtig“ 1996, zur Re-Etymologisierung:
„Das Stammprinzip soll jetzt noch mehr beachtet werden, auch wenn die vermutete Verwandtschaft einzelner Wörter sprachgeschichtlich nicht immer ganz richtig ist.“

Wozu der Aufwand?
Karl Blüml, Vertreter Österreichs in der Zwischenstaatlichen Kommission, Anfang 1998:
„Das Ziel der Reform waren gar nicht die Neuerungen. Das Ziel war, die Rechtschreibregelung aus der Kompetenz eines deutschen Privatverlages in die staatliche Kompetenz zurückzuholen.“

Hans J. Meyer, sächsischer Kultusminister und stellvertr. KMK-Vorsitzender, am 26.3.98 im Bundestag:
„Nicht um die Neuregelung der Rechtschreibung geht es in Wahrheit. Es geht um die Frage, ob diese Gesellschaft veränderungsfähig und veränderungswillig ist. Wenn es schon bei einem Reförmchen wie diesem zu solchen Reaktionen kommt, was soll dann erst geschehen, wenn es wirklich ernst wird mit Veränderungen in Deutschland?“

Theodor Ickler, Erlanger Sprachwissenschaftler (General-Anzeiger v. 28.8.98):
„In Wirklichkeit ist es aber so: Ein winziger Freundeskreis von Reformwilligen hat es fertiggebracht, den Kultusministern eine unausgegorene Reform aufzuschwatzen, die sie selbst schon längst am liebsten zurücknehmen würden, und nun beharren die Kultusminister in kindischem Trotz darauf, gegen einen überwältigenden Mehrheitswillen, gegen das fast einstimmige Verdikt der Sprach- und Literaturwissenschaft, gegen jede Vernunft - außer der ökonomischen Vernunft einer Gruppe von Spezialverlagen.“

Rechtssprüche
das Verwaltungsgericht Hannover (6 A 4317/97, S. 13) am 2.3.98:
„Die Sprache ist vorstaatlich und für die Identität des Menschen von konstitutiver Bedeutung. (...) Der Mensch findet sich vor als ein sprechendes Wesen; keine Erinnerung reicht zurück in eine Zeit, da er keine Sprache gehabt hätte (...). Sprache bestand, ehe sich eine staatliche Ordnung überhaupt etabliert hatte. Der Staat findet sie als Ergebnis einer Entwicklung vor, die sich im Laufe der Menschheitsgeschichte vollzogen hat. Er hat die Sprache nicht geschaffen, und sein Wille ist nicht ihr Geltungsgrund. ‚Sprache’ im hier gebrauchten Begriff schließt die Schreibung ein; denn sie ist Teil und Ausdruck der Sprache.“

    Gerald Häfner, Bundestagsabgeordneter (Die Grünen), am 30.7.97 (1998?), zum Hannoveraner Urteil:
    „Blattschuß für eine von Anfang an zum Tode verurteilte absurde bis lächerliche Maßnahme.“

das Bundesverfassungsgericht am 14. Juli 98 (BVerfG 1 BvR 1640/97, S. 59):
„Soweit dieser Regelung rechtliche Verbindlichkeit zukommt, ist diese auf den Bereich der Schulen beschränkt. Personen außerhalb dieses Bereichs sind rechtlich nicht gehalten, die neuen Rechtschreibregeln zu beachten und die reformierte Schreibung zu verwenden. Sie sind vielmehr frei, wie bisher zu schreiben.“

Später wurde die Vorschrift zur Anwendung der Reformschreibung auf Betreiben der Bundesregierung von den Schulen auf die öffentliche Verwaltung ausgedehnt.

    Theodor Ickler, Erlanger Sprachwissenschaftler, 1998 („Der Staat schreibt vor“):
    „Das Urteil von Karlsruhe - dessen wesentlicher Inhalt schon einige Zeit vor der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai bekannt wurde - ist zu begrüßen. Die Betreiber und Nutznießer der Reform hätten, wie bei früheren Gelegenheiten, im Falle eines gerichtlich erzwungenen Reformstopps sagen können, eine an sich gute und fortschrittliche Reform sei durch reaktionäre Kreise zu Fall gebracht worden, bevor die ganze Bevölkerung in den Genuß der neuen orthographischen Segnungen kommen konnte. Hinter Schulmauern kann der Staat bekanntlich ungestraft Allotria treiben. Erst wenn die Reform über die Schule hinausdringt in die Amtssprache, in Zeitungen und Bücher, läßt sich erkennen, was für ein gigantischer Humbug sie ist.“

Hinter verschlossenen Türen
Jürgen Rüttgers, Bundesbildungsminister (CDU) (Die Welt, 30.7.97):
„Was die Rechtschreibreform angeht, so ist das Kind nun endgültig in den Brunnen gefallen. Ohne ausreichende öffentliche Debatte kann man eine Reform dieser Reichweite nicht verordnen.“

Jürgen Rüttgers, Bundesbildungsminister (dpa - Dienst für Kulturpolitik 45/97):
„Es ist ein Kardinalfehler gewesen, daß hinter verschlossenen Türen eine die Menschen zutiefst betreffende Reform verabredet wurde.“

Liesel Hartenstein, Bundestagsabgeordnete der SPD, am 26. März 1998 im Bundestag:
„Jede Reform braucht Akzeptanz in der Gesellschaft.“

    Theodor Ickler, Professor für Sprachwissenschaften in Erlangen:
    „Wir müssen überall darauf hinweisen, daß von jetzt an die Unterweisung der Schüler in der Reformschreibung verfassungswidrig ist. Denn die Akzeptanz, die das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich zum Kriterium ihrer Legitimität gemacht hat, ist offenkundig nicht gegeben.“

Erika Steinbach, Kulturbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion des Bundestages, in einer Pressemeldung v. 10.10.97:
„Die renommierten Sprachwissenschaftler in Deutschland, Österreich und der Schweiz lehnen die vorliegende Rechtschreibreform in seltener Eindeutigkeit ab und fordern die sofortige Rücknahme, zumindest das Aussetzen der Reformen. Leider scheitert ihre Forderung an der starren Haltung der Kultusminister. Diese lassen in aller Stille an einer Reform der Reform arbeiten, um sie gegen den erklärten Sachverstand doch noch durchzusetzen. Lehrerinnen und Lehrer sind gehalten, nach einem falschen Regelwerk zu lehren, Schülerinnen und Schüler müssen falsche Schreibweisen erlernen. (...) Dies ist keine lebendige Kultursprache mehr, sondern entspricht ministerialbürokratischer Denkweise. Nach dieser ist Sprache beliebig änderbar, sobald sich Schreibschwierigkeiten in der Schule einstellen.“

In der Tat werden die ursprünglichen Reformregeln seit ihrem Inkrafttreten 1998 kontinuierlich zurückgenommen. Der 1. August 2006 war nicht das Ende der „Rückreform“. (Sigrid Saxen)

Gegenstimmen
Hans-Ulrich Klose, Bundestags-Vizepräsident, am 4.6.97:
„Jeder, der mit Sprache umgeht, ist todunglücklich über diese Neuregelung.“

Theodor Ickler, Erlanger Sprachwissenschaftler, in „Rechtschreibreform auf dem Prüfstand“, 1997:
„Ein Klavier ohne schwarze Tasten oder eine Flöte mit nur zwei Löchern sind leichter zu spielen als die heute üblichen Instrumente, aber die Musik ist auch danach.“

Bernd Jedamzik, Physik-Autor, über sein Buch „Walz Blickpunkt Physik 10 - Lösungen“, erschienen im Schroedel Verlag GmbH, Hannover, 1997, ISBN 3-507-76153-X, am 9.7.97:
„Kaufen Sie dieses Buch nicht! Als einer der beiden Autoren möchte ich mich öffentlich für dieses Werk entschuldigen, und ich distanziere mich ausdrücklich von der in ihm verwendeten reformierten Rechtschreibung und Zeichensetzung, für die der Verlag und die jeweiligen Kultusminister die Verantwortung tragen. Für stilistische Mängel sind die Bearbeiter verantwortlich, die nachträglich extrem herumgeändert haben. Orthographische Fehler gehen auf den Verlag zurück.“

Vicco von Bülow, alias Loriot, am 11.10.97 anläßlich einer Dichterlesung in Weilheim:
„Die Rechtschreibreform ist vollkommen in Ordnung ... wenn man weder lesen noch schreiben kann.“

Eines von 2151 Schulkindern an Helmut Kohl (Schweriner Volkszeitung, 21.5.98):
„Du mußt sofort die Rechtschreibreform stoppen, sonst streiken wir Schüler und schreiben grundsätzlich, wie es uns gerade einfällt. Zum Beispiel: Liper dikker Kannstler Koool. Du müssteßt direckt ferhienderen, daßß wier fallch schreipen.“

Hans Schafgans in einem Leserbrief (General-Anzeiger, 27.7.98):
„Es wäre ein wunderschöner Traum, wenn das deutsche Volk sagte: ‚Wir haben Rechtschreibreform, und keiner schreibt mit.‘“

Der Rest vom Schützenfest: Stand der Dinge 2010
Sigrid Saxen:
Die Kommaregeln sind jedenfalls wahlweise wieder die alten.
Von der umfangreichen Getrenntschreibung (Wörterverboten) sind drei Fälle übriggeblieben. Hier die weiterhin verbotenen Wörter: jedesmal; so, wie und zu in Verbindung mit einem Adjektiv oder Adverb. Und es bleibt bei mit Zahl geschriebenen Altersangaben vorläufig der Bindestrich zwischen Zahl und jährig Pflicht.

jungefreiheit.de 27.4.2010:
„Im Schneckentempo nähert sich die Schulrechtschreibung jedenfalls wieder den traditionellen Schreibweisen an. Wer schlau ist, macht diesen Reformzirkus gar nicht erst mit und wartet, bis die Reform endgültig auf der Müllkippe der Sprachgeschichte angekommen ist. “

Die Zitate werden gelegentlich ergänzt.

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Ludwig Reiners:
Von der Verfassung,
in der sich eine Sprache befindet, hängt es ab, was in ihr gedacht und gesagt wird.“ (in: Stilkunst – Ein Lehrbuch deutscher Prosa, Ersterscheinung 1961)

Zum Tag der Rechtschreibung am 27. September

Die Umfrage, nach welchen Regeln "wir" schreiben, ist seit dem 2. Januar 2020 abgeschlossen und wird nach Spendeneingang weiter ausgewertet.

Der Teil „Rechtschreibung“ eines Vortrages vom 8. August 2019