für Freundinnen und Freunde    
der deutschen Sprache    
Rechtschreibdienst: Deutschhinweise Deutschhinweise

Hier kommentiere ich einige Beobachtungen zum heutigen Sprachgebrauch.

Alternative und Möglichkeit: Eine Alternative ist nach ihrer lateinischen Ursprungsbedeutung eine von zwei Möglichkeiten. Wenn es um eine größere Auswahl von Möglichkeiten geht, sollte man keineswegs Alternative in der Mehrzahl, sondern einfach deutsch Möglichkeiten oder Auswahlmöglichkeiten sagen.

Argumentieren ist im Unterschied zum deutschen Begründen eine Tätigkeit ohne direktes Objekt. Falscher Sprachgebrauch ist es also,  „ e t w a s  zu argumentieren“. Argumentieren wird höchstens durch Adverbien ergänzt wie, ausführlich oder klug zu argumentieren.

Beide tun getrennt das gleiche; die beiden tun etwas gemeinsam, zum Beispiel ein Haus kaufen. Im ersten Fall werden zwei Häuser, im zweiten wird nur ein Haus erworben.

Beziehungsweise“ ist kein Ersatz für „und“ oder „oder“, sondern gehört nur in eine Aufzählung, wenn die Aufzählungsglieder nicht gleichzeitig gelten, sondern sich auf etwas Unterschiedliches beziehen - daher der „Name“. Beispiel: Antwort an eine gemischte Gruppe von Gästen, die die Toilette suchen: „Nehmen Sie bitte die erste bzw. zweite Tür rechts“. Denn für Männer und Frauen gibt es getrennte Toilettentüren. Hier paßt weder „und“ noch „oder“. Nur in solchen Fällen ist „beziehungsweise“ richtig.

Eben halt“ ist ein doppeltes Lottchen, wobei in diesem Zusammenhang halt das bayerische Wort für eben ist.

Gerade auch“ und „vor allem auch“ sind Widersprüche, denn „gerade“ und „vor allem“ heben hervor, wogegen „auch“ gleichsetzt. Entscheiden Sie sich, ob es Ihnen auf die Betonung oder die Aufzählung ankommt!

gleich und „selb“: Wenn wir etwas als gleich bezeichnen, haben wir zwei verschiedene Dinge, die gleich aussehen, im Kopf. Wenn wir ausdrücken wollen, daß es sich um eine einzige Sache handelt, müssen wir „dasselbe“ sagen. Denn was wäre es, wenn ich zum Beispiel den gleichen Menschen, den ich gestern kennengelernt habe, heute wiedersehe? Das wäre sein Klon, und geklonte Menschen gibt es zur Zeit hoffentlich noch nicht viele. Peinlich, wenn man sich im Fundbüro verspricht: „Genau die gleiche Tasche habe ich gestern verloren.“ - „Dann kann ich sie Ihnen leider nicht geben.“

Hallo, als alltägliche mündliche Begrüßung und Briefanrede vor gar nicht langer Zeit von jungen Menschen eingeführt, hat eine wenig bekannte Bedeutung, die uns zu denken geben sollte, ob wir das Hallo weiter in der bisherigen Weise nutzen wollen. Es ist in altem Deutsch die Befehlsform von halon, was holen bedeutet, aber nur an einen Fährmann gerichtet: „Hol über!“ Die damit ersetzten inhaltlich zutreffenderen Arten der Anrede sind Guten Tag (Morgen, Abend), mundartlich Grüß Gott, Grüß dich, Servus und als Briefanrede Sehr geehrte(r) und Liebe(r).

Kommunizieren („sich verständigen“, nicht etwa „etwas mitteilen“!) ist ein Tätigkeitswort ohne direktes Objekt. Falsch ist es also, „etwas zu kommunizieren“. Richtig heißt es „kommunizieren (also sprechen oder schreiben) über (ein Thema)“ oder „mit (einer Person)“. Den Inhalt, also das direkte Objekt, teile ich mit, gebe ich bekannt.

Das Wort man steht nicht für Mann, so daß es ein weibliches Gegenüber wie frau nötig hätte. In seiner Entstehungszeit bedeutete es Mensch, wie es ja auch in der englischen Sprache erhalten ist.

Das Wort „minus“ gehört schon von der Bedeutung her (es ist lateinisch und heißt auf deutsch weniger) in den Bereich der Mathematik und nicht der Sprache. Für den Bindestrich in Netzplatznamen und Netzpostanschriften verwendet, ist es auch orthographisch falsch; denn ein Minuszeichen umgeben Leerzeichen, und die darf es in diesen Netzbezeichnungen nicht geben.

In Nordfriesland: In der Ortsnamenendung -stedt wird das e geschlossen ausgesprochen. Die Inseln Nordstrand und Pellworm, die Halligen Langeneß, Nordstrandischmoor, Südfall, Norderoog und Süderoog werden auf der letzten Silbe betont.

Samstag und Sonnabend: Samstag heißt auf nord-, ost- und ostmitteldeutsch Sonnabend. Sonnabend ist in „germanischer“ Denkweise vom Sonntag abgeleitet. Samstag ist hebräisch-griechischen Ursprungs, verwandt mit Schabbat und dem Gottesnamen Saturn.

schauen und sehen: Das Wort schauen hat auf hochdeutsch eine eigene Bedeutung, vor allem in Theologie und Dichtkunst. „Alltäglich“, für den Sinneseindruck der Augen verwendet, ist es ein bayerisches Wort, das auf hochdeutsch sehen heißt.

scheinbar und anscheinend: Scheinbar bedeutet nur zum Schein. Eine Vermutung bringt statt dessen das Wort anscheinend zum Ausdruck.

sich und einander: Sich ist rückbezüglich, wie sich im Spiegel zu sehen. Auf einen anderen Menschen bezogen, wie meist bei helfen und mögen gemeint, heißt es einander.

ß und ss: In Deutschland und Österreich wird nach langem Vokal (Straße) und Doppelvokal (außer) auch in Reformschreibung weiterhin ß geschrieben. Hier ss zu verwenden, ist reformierte Schweizer Schreibung.

Unter anderem auch“ ist ein doppeltes Lottchen.

Teilen können wir im Deutschen nur etwas wirklich Aufteilbares, also Gegenständliches. Unsichtbares wie Gedanken teilen wir einander  m i t . An Gefühlen, Erfahrungen und Erlebnissen können wir andere Menschen  t e i l h a b e n  lassen. Ausnahme ist das Sprichwort „Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude“.

Vor allem auch“: siehe „gerade auch“

Weil leitet einen Nebensatz mit der entsprechenden Wortstellung (Prädikat am Ende) ein. Wem das Umstellen zu anstrengend ist, der leite seine Begründung mit „denn“ ein, denn das zieht die Hauptsatz-Wortstellung nach sich.

Weitere wird neuerdings oft vor das Hauptwort gestellt, gehört aber vor das Eigenschaftswort, zum Beispiel „weitere empfehlenswerte Netzplätze“, „weitere neun Menschen“

Wie zum Beispiel“ ist doppeltes Lottchen und dadurch eine vermutlich unbedachte gesteigerte Einschränkung. Denn sowohl wie als auch zum Beispiel heben etwas aus einer Gruppe von Gleichberechtigtem hervor, und den Zweck erfüllen wie und zum Beispiel auch für sich allein schon.

Weil „Wiederholen“ nochmaliges Tun ist, kommt die Aufforderung zur nochmaligen Wiederholung in den meisten Fällen einem doppelten Lottchen gleich. Noch mal wiederholen kann man nur etwas, das schon zweimal getan worden war.


Berichtigung von Abfärbungen aus dem Englischen:
englisches Deutsch englischer Ursprung richtiges Deutsch
(ich) denke (I) think (im Sinne
von glauben
(ich) meine, glaube, finde (im Sinne einer Meinung oder Überzeugung)
einmal mehr once more noch einmal
erfolgreich sein
(bei etwas)
be successful
(success = Erfolg)
vgl. be lucky
(luck = Glück)
Erfolg haben (mit),
(etwas) gelingt
Glück haben
hart hard (= schwer im
übertragenen Sinn)
schwer (Arbeit, Prüfung, Schicksal),
streng (Winter)
in 2011 in 2011 2011, im Jahr(e) 2011
mein Name ist my name is ich heiße
meinen mean
= bedeuten
bedeuten
(meinen, also eine Meinung haben,
können nur Menschen etwas)
nicht wirklich not really eigentlich nicht
nicht richtig
realisieren realize
= erkennen
erkennen
(Realisieren im richtigen deutschen Sprachgebrauch bedeutet
In-die-Tat-Umsetzen, Verwirklichen)
teilen (Gedan-
ken u. ä.)
share mitteilen, andere teilhaben lassen
„Wir sehen uns“ „See you“ (see bedeutet hier
auch treffen)
zum Beispiel „Tschüß“, „Ade“
Artikel (Geschlechtswörter, zum Beispiel der, die, das) werden im Deutschen häufiger verwendet als im Englischen. Im Deutschen sagen wir „die Gesellschaft“ und „der Iran“.

Erfolgreich zu sein, bezieht sich in gutem Deutsch auf einen Menschen, und zwar ohne Einschränkung auf ein bestimmtes Vorhaben. Bezogen auf ein Vorhaben, benutzen wir das Hauptwort Erfolg und sagen, etwas habe Erfolg gehabt oder sei von Erfolg gekrönt, auch, ein Mensch habe mit etwas Erfolg gehabt.

In vor der Jahreszahl ist im Deutschen falsch. Entweder die Jahreszahl allein angeben oder mit „im Jahr(e)“ einleiten!

„Mein Name ist ...“ lautet in gutem Deutsch einfach „Ich heiße ...“. Zur Betonung des Namens aber ist es immer noch besseres Deutsch, „Mein Name lautet ...“ statt „... ist ...“ zu sagen.

meinen (englisch: think) und bedeuten (englisch: mean): Etwas meinen, also eine Meinung haben, kann nur ein Mensch. Dinge bedeuten etwas.

Nicht wirklich“ in der Bedeutung von „nicht ganz“, „nicht richtig (völlig)“, „eigentlich nicht“ ist eine Übernahme aus dem Englischen (not really) und sollte in der genannten Bedeutung nicht verwendet werden, damit die deutsche Ursprungsbedeutung, die Verneinung von wirklich, eindeutig erhalten bleibt.

Realisieren heißt im Unterschied zum englischen realize (erkennen) auf deutsch verwirklichen, in die Tat umsetzen.

Übersetzungsvorschläge für ein paar englische Wörter finden Sie unter
Anglizismen und für sehr viele unter
Anglizismenindex und
Anglizismenliste zum Mitgestalten.

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Ludwig Reiners:
Von der Verfassung,
in der sich eine Sprache befindet, hängt es ab, was in ihr gedacht und gesagt wird.“ (in: Stilkunst – Ein Lehrbuch deutscher Prosa, Ersterscheinung 1961)

Zum Tag der Rechtschreibung am 27. September

Die Umfrage, nach welchen Regeln "wir" schreiben, ist seit dem 2. Januar 2020 abgeschlossen und wird nach Spendeneingang weiter ausgewertet.

Der Teil „Rechtschreibung“ eines Vortrages vom 8. August 2019